„Kann es Liebe sein?“ – Ein Kunstliedprojekt für die Jahrgangsstufen 10 und 11

Bereits im vorletzten Schuljahr wurde die Idee eines fächerübergreifenden Deutsch-Musik-Projekts zum Thema „Das deutsche Kunstlied“ ans Leibniz herangetragen. Die Altdorfer Sängerin Renate Kaschmieder entwickelte die Projektidee unterstützt von einem Stipendium des Deutschen Musikrats und verwirklichte sie dann in mehreren Gymnasien in Nürnberg und dem Nürnberger Land.

Gefühle wie Verliebtsein, Eifersucht, enttäuschte Liebe sind elementare Emotionen die jeder junge (oder auch nicht mehr ganz so junge) Mensch wohl schon erlebt hat und die jeder und jedem unter die Haut gehen. Im Kunstliedprojekt am Leibniz wurde die Suche nach literarischen und musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten für diese Emotionen im 19.Jahrhundert beleuchtet.

Die Veranstaltung war als Liedermatinee konzipiert. Als Gesangssolistin konnte Isabel Grübl, eine ehemalige Schülerin des Leibniz-Gymnasiums, gewonnen werden. Isabel Grübl studiert mittlerweile klassischen Gesang (Oper/Konzert) und Gesangspädagogik an der Musikhochschule in Detmold. Sie ist Mitglied im Bundesjugendchor und hat bereits erste Erfahrungen im professionellen Bereich, u.a. am Landestheater Detmold oder zusammen mit Musikern der Nordwestdeutschen Philharmonie, gesammelt. Den Klavierpart übernahm Martina Baumann, die beim Studium der Schulmusik an der Musikhochschule in München einen Schwerpunkt auf Klavierkammermusik gelegt hatte.

Als Einspieler hörten die Schülerinnen und Schüler zunächst einen aktuellen Song zum Thema: Freya Ridings formuliert heute „I think I’m lost without out“, wenn sie vom Liebeskummer spricht. Nach der Begrüßung und einer kurzen Einführung zum Lied-Recital durch Dr. Anika Davidson erfolgte dann der Zeitsprung ins 18./19.Jahrhundert.

Als Erstes erklang die Miniaturszene „Als Luise die Briefe ihres ungetreuen Liebhabers verbrannte“, mit dem Text von Gabriele von Baumberg und der Musik von Wolfgang Amadeus Mozart. Im Schubert-Block präsentierten Isabel Grübl und Martina Baumann dann zwei Lieder aus dem Liederzyklus Winterreise (Text: Wilhelm Müller, Musik: Franz Schubert). Im Lied „Auf dem Flusse“ erkennt der Wanderer im gefrorenen und erstarrten Wasser seine eigene innere Erstarrung ohne die „Liebste“. Das zweite Lied „Frühlingstraum“ hat neben der Liebessehnsucht („Ich träumte von Lieb‘ um Liebe“) auch eine politische Dimension. Der blühende Frühling, der sich in einen grauenden Winter verwandelt hat, kann auch als Metapher für das starre System bürokratischer Reglementierung und polizeilicher Überwachung stehen, welches das öffentliche und geistige Leben zu Schuberts Zeit in Schach hielt.

Anschließend kamen zwei wichtige Frauengestalten Johann Wolfgang von Goethes zu Wort. Das „Gretchen am Spinnrade“ aus Goethes Faust besingt ihre Verzweiflung über den Verlust des Geliebten: „Meine Ruh ist hin, mein Herz ist schwer“. In Schuberts kreisender Vertonung ist die Einsamkeit und die Verzweiflung des jungen Mädchens packend zu hören. Absolute Trostlosigkeit und großes Leid drückt Mignon (aus Wilhelm Meister) im Lied „Nur wer die Sehnsucht kennt“ aus.

Zwischen den Blöcken der Kunstlieder vermittelte die Initiatorin Renate Kaschmieder interessante Informationen zu den Komponisten und den zu hörenden Werken.

Als nächster Komponist erklang Robert Schumann, zwei Vertonungen von Gedichten von Joseph von Eichendorff waren nun zu hören. Packende Dramatik und Klänge des Waldhorns ziehen das Publikum im „Waldesgespräch“ unmittelbar in den Bann. Die Szenerie: Mann trifft Frau allein im Wald und bietet ihr (großmütig?) seine Hilfe an. Zu spät erkennt er, dass es sich bei der Dame um die Hexe Lorelei handelt, die den Spieß einfach umdreht – Frauenpower im 19.Jahrhundert?! Mit der zweiten Schumann-Vertonung entführten die beiden Musikerinnen dann in die verzauberte Welt der Nacht und des Mondes. Eichendorffs Gedicht Mondnacht („Es war, als hätt‘ der Himmel die Erde still geküsst“) wird bei Robert Schumann auf wunderbare Weise musikalisch hör- und nachvollziehbar.

Besonders anschaulich wurde die Matinee durch die unter der Regie von Frau Dr. Davidson erstellte Powerpoint-Präsentation und die von Lilith Kreiseler und Hannah Hacker als Einstieg zu den Vertonungen sehr anschaulich und lebendig vorgetragenen Gedichte. Bevor am Ende das Mozartlied noch einmal erklang, wagte sich Carina Zimmer an eine feministisch inspirierte Deutung des Gedichts von Gabriele von Baumberg.

Der Liedervortrag endete mit großem Applaus für alle Mitwirkenden. Besonders die sängerisch und musikalisch absolut überzeugenden Performance von Isabel Grübl, die völlig natürlich wirkte und frei von allen sängerischen Allüren war, hatte die jugendlichen Zuhörerinnen und Zuhörer sichtlich bewegt. Dies zeigte sich auch im großen Interesse bei der anschließenden Fragestunde.

Hier eine kleine Auswahl der Fragen:

„Was ist Ihr höchster Ton?“ – Der Livetest ergab d3 – für eine Mezzosopranistin ein sehr sehr hoher Ton!

„Kann man vom Singen leben?“ – Ja, im Prinzip schon, man benötigt aber neben Qualität und Technik auch ein Quentchen Glück und die notwendigen Beziehungen.

„Können Sie mit Ihrer Stimme auch Popmusik singen?“ – Das erfordert eine andere Gesangstechnik, ist aber prinzipiell möglich.

Martina Baumann