Am 16.10. entführte Jean-Philippe Devise die Schülerinnen und Schüler der zehnten, elften und der zwölften Klasse Französisch des Leibniz Gymnasiums in seine Welt der Kurzgeschichten. Er las aus seiner Sammlung Un Détour et autres histoires – ein Umweg und andere Geschichten. Diese Geschichten behandeln Themen wie Partnerschaft, Liebe, Vertrauen, Betrug, Selbstwahrnehmung und Selbstbewusstsein.

Jean-Philippe Devise ist, wie der Name schon verrät, Franzose, der seine Geschichten aber nicht nur in seiner Muttersprache, sondern auch auf Deutsch verfasst. Während seiner Lesungen wechselt er fließend vom Französischen ins Deutsche und zurück, so dass das Publikum jederzeit der Handlung und den Wendungen der Geschichten folgen kann.

Bei seiner Lesung am Leibniz Gymnasium stellte er in sehr kurzer Zeit Kontakt zu seiner Zuhörerschaft her, in dem er den Schülerinnen und Schülern einerseits Fragen zur Handlung stellte, sie aber auch andererseits in Gespräche verwickelte, die ihn leider manchmal etwas vom Weg abbrachten, so dass einige Zuhörer nicht immer unterscheiden konnten, welches Detail zur Geschichte gehörte und welches Detail nichts mit der eigentlichen Handlung zu tun hatte. Die Tatsache, dass Jean-Philippe sich fast nach jedem Satz an einen der Anwesenden wandte, um nach einer deutschen Übersetzung zu fragen, fanden schwächere Schülerinnen und Schüler sehr hilfreich. Andererseits fühlten sie sich auch etwas unter Druck gesetzt, wenn sie nicht alles verstanden hatten und dann keine Antwort parat hatten. „Das häufige Fragen einzelner Personen war ein wenig anstrengend, vor allem da dadurch auch teilweise viel Zeit drauf gegangen ist und er sich am Ende dann total sputen musste, um die Geschichte zu Ende zu bringen“, lautete die Anmerkung einer Schülerin. Wieder andere Zuhörer, die der französischen Sprache besser mächtig sind, empfanden diese ständigen Unterbrechungen als störend für den Erzählfluss und den Spannungsbogen. Hier stellt sich auch von Lehrerseite in der Tat die Frage, ob es wirklich nötig ist, dass man als Zuhörer jeden kleinen Handlungsschritt verstehen muss. Es ist durchaus als entscheidender Lernerfolg zu werten, wenn Lernende im fünften und sechsten Lernjahr vorgetragener französischer Literatur in den groben Handlungszügen folgen können, zumal sie sich zunächst an den Sprecher und an das Sprechtempo gewöhnen müssen. Es würde gegebenenfalls ausreichen, punktuell entsprechend schwierige Passagen und Handlungsschritte auf Deutsch zusammenfassen zu lassen und komplexen Wortschatz mit Übersetzungen an der Tafel festzuhalten.

Insgesamt viel das Schülerfazit positiv aus. Es war alles in allem ein kurzweiliger, lebhafter Vortrag, der das schauspielerische Talent von Jean-Philippe Devise unter Beweis stellte. Seine sympathische und ungezwungene Art auf die Zuhörerschaft zuzugehen, führte schnell dazu, dass die Schülerinnen und Schüler ihre anfängliche Befangenheit ablegten und sich aktiv beteiligten. Leider blieb nur in einer der drei Lesungen genug Zeit, mit dem Autor über die vorgetragene Geschichte ins Gespräch zu kommen. Hier hatten die Zuhörer die Möglichkeit, das offen gestaltete Ende der Kurzgeschichte ein wenig eigenständig weiterzuspinnen. „Hier wurde man zum Nachdenken animiert, es hat Spaß gemacht und ich habe mich gerne beteiligt“. So lautet beispielsweise eines der Feedbacks einer Schülerin der 10. Klasse. Für Fragen über die Arbeitsweise eines Autors blieb leider keine Zeit. Es wäre sicherlich interessant gewesen mit dem Autor über die Personenkonstellationen in seinen Kurzgeschichten ins Gespräch zu kommen. Die Rollenbilder des typischen Machos und der ihren Mann liebevoll umsorgenden Partnerin bzw. der Lebensgefährtin, die das dominante Auftreten ihres Partners in der Öffentlichkeit nur sehr dezent anprangert, sich aber ständig für ihn schämt, würden doch deutlich Gesprächsbedarf bieten.

Bild und Text: Simone Reihl