Die American Drama Group Europe hält sich in ihrer Inszenierung des bekannten Theaterstücks von Molière „der Bürger als Edelmann“ sehr eng an das Original aus dem 17. Jahrhundert. Wie bei Molière vorgesehen, wird das Stück als Ballettkomödie auf die Bühne gebracht, es handelt sich hierbei übrigens um die einzige dieser Art bei Molière. Die fünf Schauspieler schlüpfen abwechselnd und sehr versiert in unterschiedliche Rollen, um die Vielzahl der Charaktere zu verkörpern.

Im Zentrum der Handlung steht der äußerst wohlhabende Stoffhändler Monsieur Jourdain, der danach strebt zur besseren Gesellschaft zu gehören. Er versucht den vorhandenen Standesunterschied durch entsprechenden Nachhilfeunterricht in Musik, Tanz, Fechtkunst und Philosophie zu überbrücken. Auch kleidungstechnisch orientiert er sich am Adel. Somit lässt er sich von seinem Schneider sehr kostspielig neu einkleiden, gibt sich dabei aber der Lächerlichkeit preis da diese Kleider eben anders als das Sprichwort keine Leuten machen und den gewünschten Effekt verfehlen. Unterstützt wird Monsieur Jourdain in seinen Bemühungen zum Edelmann aufzusteigen von dem seinerseits verarmten Edelmann Dorante, der vorgibt im Namen von Monsieur Jourdain der Marquise Dorimène den Hof zu machen. In Wahrheit verfolgt Dorante seine eigenen Ziele bei der Marquise. Die teuren Geschenke, die Dorante von Monsieur Jourdain für die Marquise erhält, schenkt Dorante ihr in seinem eigenen Namen. Darüber hinaus häuft Dorante bei Monsieur Jourdain immer mehr Schulden an. Lediglich Madame Jourdain durchschaut diese zweifelhafte Freundschaft ihres Mannes mit dem schmeichelhaften Dorante. Sie fürchtet zurecht, dass Dorante all seine Schulden niemals zurückzahlen will und ihren Mann solange ausnehmen wird, bis dieser völlig ruiniert sein könnte.

Die Parallelgeschichte handelt von der Liebe zwischen Lucile, der Tochter des Monsieur Jourdain, und einem gutbürgerlichen Kaufmann namens Cléonte. Monsieur Jourdain möchte seine Tochter Lucile aber lieber mit einem Marquise vermählen, um auch so den gesellschaftlichen Aufstieg der Familie zu sichern. Cléonte erkennt, dass er die Einwilligung seines künftigen Schwiegervaters in die Hochzeit mit Lucile nur durch ein Täuschungsmanöver erhalten kann. Somit tritt er als Sohn eines höfischen Gesandten aus der Türkei auf und präsentiert seinem Schwiegervater in spe einen Traumschwiegersohn, der auch dem Gesellschaftsdünkel des Monsieur Jourdain entspricht. Die Täuschung gelingt, da Monsieur Jourdain sich einmal mehr durch Äußerlichkeiten täuschen lässt und Cléonte erhält offiziell die Hand seiner geliebten Lucile.

Der Stoff dieser Ballettkomödie ist auch heute noch aktuell. Viele Menschen streben nach mehr und fallen dabei auf Betrüger herein. Dabei lassen sie sich von Äußerlichkeiten täuschen, anstatt den wahren Charakter ihrer Mitmenschen zu sehen und wert zu schätzen. Wäre Monsieur Jourdain von seinem falschen Ehrgeiz nicht so geblendet gewesen, wäre ihm das Glück seiner Tochter wichtiger gewesen, als sein persönlicher Traum sich dem Adel anzunähern. Madame Jourdain hingegen erkennt den verkleideten Cléonte und unterstützt die beiden Liebenden darin, ihr Glück zu finden. Dafür muss allerdings auch Madame Jourdain ihren Mann hintergehen, um ihn vor sich selbst und damit auch die Familie vor einem drohenden Ruin zu bewahren.

Dies alles brachte die American English Drama Group in 90 Minuten mit einer gekürzten Fassung des französischen Originaltexts abwechslungsreich und größtenteils gut verständlich für das Publikum der Oberstufe auf die Bühne. Die Theateraula des Helene Lange Gymnasiums in Fürth war wiedereinmal bis auf den letzten Platz mit SchülerInnen der Oberstufe gefüllt. Das junge Publikum konnte die Parallelen des historischen Stoffs und der heutigen Zeit problemlos erkennen und nachvollziehen. Und auch das etwas veraltete Französisch von Molière stellte keine allzugroße Hürde dar. (Simone Becker)