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Unterstufentheatergruppe verwandelt Publikum
Eines sommerlichen Nachmittags im Juli ging das begeisterte Theaterpublikum zur Aufführung des Unterstufentheaters, um sich anzusehen, was die Schülerinnen und Schüler wohl diesmal auf die Bühne gebracht hatten, und fand sich in einer unerwartet düsteren Anfangsszenerie wieder, in der ihmReclambücher und immer wiederkehrende Lehrersätze vor die Füße geknallt wurden.
Die Theatergruppe wollte nicht erzählen, was Schule mit Kindern macht, sondern in verschiedenen thematisch verbundenen Bildern zeigen, welchen Schwierigkeiten Schülerinnen und Schüler ausgesetzt sind, die nicht in das enge, vorgefertigte System passen. Von Lehrkräften ungesehen und von den Eltern missverstanden begegneten sie Leistungsdruck und Mobbing, wodurch sie sich immer mehr in Kafkas Käfer verwandelten. Beworfen mit Äpfeln, die sinnbildlich für die zahllosen zu erbringenden Leistungsnachweise stehen, und Zitaten, die nachdrücklichunter Beweis stellen, wie viele Kinder und Jugendliche unter den an sie gestellten Erwartungen leiden, zappelten die Käfer bis zum Beginn der Pause. Als die Schauspielenden den Zuschauerraum verließen und einzelnen Personen eine vorgelesene Statistik oder ein Zitat in die Hand drückten, sollte die Zuschauerin in der Unterbrechung durchatmen und mit anderen darüber ins Gespräch kommen, was Schule mit Kindern macht.
Nach der Pause wurde das Publikum von einem fränkelnden, mürrischen Hausmeister und seinem Besen Günther in Empfang genommen, der sich über den vorher produzierten Apfelmatsch ärgerte. Günther half ihm nicht nur dabei, den Boden zu säubern, sondern entlockte der Zuschauerin auch das eine oder andere Lachen, das an dieser Stelle dringend nötig war. In den folgenden Bildern stellten die Schauspielenden zum einen dar, wie sie sich Schule, Freundschaft und eine gelungene Beziehung zu Lehrkräftenund Eltern vorstellen, indem sie das Publikum beispielsweise direkt fragten, wie Eltern ihre Kinder unterstützen können oder wie es sich eine gute Lehrkraft vorstellt. Zum anderen öffneten die Schauspielenden den Blick dafür, was Schule noch bietet und wie diese junge Menschen dabei unterstützt, über sich selbst hinauszuwachsen.
Besonders machte diese Inszenierung vor allem, dass die noch sehr jungen und teils unerfahrenen Schauspielenden ihre eigenen Erfahrungen und Gedanken in selbstgestaltete Szenen verwandelten. Diese Produktion wollte zumuten, die Frage in den Raum stellen, was eine Unterstufentheaterinszenierung eigentlich darf, und wurde genau dadurch zu einem ganz persönlichen Stück der Schülerinnen und Schüler, das all jenen, die kämpfen müssen, eine Stimme gibt, und das in mehreren bewegenden Schlussszenen zeigt, dass Schule „viel mehr als nur Unterricht“ ist.
Lisa-Marie Gaßmann