Bereits zum fünften Mal bot die Siemens AG Erlangen am 25. Januar 2016 für zwanzig SchülerInnen der Q11 ein dreistündiges Training rund um das „Auswahlverfahren der Siemens AG“ an. Als Referentin kam dazu erstmals Frau Sonja Gößwein ans Leibniz-Gymnasium, die seit 20 Jahren im Bereich Personalwesen bei der Siemens AG tätig ist und hierbei unter anderem auch an Gruppenauswahlverfahren teilnimmt.

Als Einstieg in den Nachmittag bat die Referentin die anwesenden SchülerInnen, stichpunktartig ihre aktuellen beruflichen Pläne zu nennen. Anschließend regte sie die KollegiatInnen durch einige Frageimpulse zu einer kurzen Reflexion ihrer beruflichen Pläne sowie ihrer privaten Ziele in den nächsten 15 Jahren an.

Es folgte ein knapper Überblick über die Produktpalette der Siemens AG, bevor Frau Gößwein den Ablauf eines dualen Studiums bei dem genannten Unternehmen an den Beispielen Bachelor of Engineering / Maschinenbau (in Kooperation mit der Technischen Hochschule Nürnberg), Bachelor of Arts in Business Administration sowie Bachelor of Science in Wirtschaftsinformatik (beide mit der FAU Erlangen-Nürnberg als Partner) erläuterte. Dabei wurde betont, dass die Bewerbung um den betrieblichen Ausbildungsplatz frühzeitig erfolgen muss – in der Regel bereits ein Jahr vor Ausbildungsbeginn.

Die Referentin verschwieg nicht, dass es durchschnittlich 10 – 15 BewerberInnen pro dualem Studienplatz gibt; ebenso diskutierte sie offen die Vor- und Nachteile eines Dualen Studiums mit den SchülerInnen. Dabei unterstrich sie, dass Siemens – im Gegensatz zu manch anderem Unternehmen – jedoch bedarfsgerecht einstellt, so dass die AbsolventInnen sehr gute Übernahmechancen haben. Auch versäumte es Frau Gößwein nicht, die besonderen Benefits für Auszubildende und Dual Studierende bei der Siemens AG herauszustellen – sei es im Bereich Aus- und Weiterbildungsbedingungen (z.B. intensive fachliche Betreuung), im Bereich Work-Life-Balance-Angebote (z.B. umfangreiches Sportprogramm) oder im Bereich des Vergütungssystems.

Den Schwerpunkt der Veranstaltung stellte die Vorstellung des Bewerbungsverfahrens der Siemens AG dar: Online-Bewerbung – Online-Assessment – Mündliches Auswahlverfahren. Frau Gößwein erläuterte diese drei Schritte des Bewerbungsverfahrens und gab zu jedem Teil viele wertvolle Tipps aus der Praxis:

Ehrenamtliches Engagement, absolvierte Praktika, Mitarbeit in schulischen Gruppen und Ferienjobs haben im Zuge der Online-Bewerbung einen sehr hohen Stellenwert, zeugen sie doch von Motivation, Engagement sowie Teamfähigkeit des Bewerbers. Bei der Bearbeitung des Online-Assessments ist es besonders wichtig, die vorgegebenen Beispiele langsam und gründlich durchzuarbeiten sowie einen geeigneten Zeitpunkt für die Durchführung zu wählen, zu dem man konzentriert und ungestört arbeiten kann; zudem bietet die Homepage des Unternehmens die Möglichkeit, Aufgaben im Stil des Online-Assessments vorher zu üben. Die Referentin rät den KollegiatInnen, sich für das Bewerbungsverfahren eine eigene E-Mail-Adresse zuzulegen, um zwischen den privaten Mails keine wichtige Nachricht zu übersehen.

Etwa 10% aller TeilnehmerInnen am Online-Assessment werden zum mündlichen Auswahlverfahren eingeladen. Nach der erneuten Bearbeitung zweier Module des Online-Assessments (um sicherzustellen, dass dieses vom Bewerber selbst absolviert wurde) stehen hier sowohl Gruppeneinstellungs- als auch Einzelgespräche auf dem Programm; ebenso ist ein Kurzvortrag zu einem unbekannten, bisweilen auch selbst wählbaren Thema zu halten. Nicht nur das natürliche, offene und freundliche Auftreten des Bewerbers (auch den Mitbewerbern gegenüber!), seine Mimik, Gestik und Körperhaltung sowie seine Argumentationsfähigkeit sind hier von Bedeutung; es werden auch sog. „soft skills“ wie Fähigkeit zu Kommunikation und Kooperation, Initiative und Teamfähigkeit geprüft. Ergänzend werden auch Berufsinteresse und Kenntnisse über den Ausbildungsbetrieb abgefragt. Frau Gößwein ermunterte die TeilnehmerInnen, sich eingehend über das Unternehmen zu informieren sowie eigene Fragen rund um die Ausbildung bzw. das Unternehmen zu überlegen und diese ruhig auch zu notieren – natürlich nur solche, die sich nicht durch eine gründliche Recherche auf der Homepage bereits selbst beantworten lassen. Auch ganz praktische Übungen wie z.B. „Welcher Händedruck rundet den ersten Eindruck perfekt ab?“ sollten bei der Vorbereitung auf das Assessment-Center nicht außer Acht gelassen werden.

Im sich anschließenden Praxisteil wurden zwei Gruppeneinstellungsgespräche simuliert. „Wie könnten Gymnasien ihre Schüler noch besser in ihrer Berufs- und Studienorientierung unterstützen?“ – diese Frage sollte die erste Hälfte der TeilnehmerInnen in einer Gruppendiskussion erörtern. „Sollte es in der Schule einen verpflichtenden Auslandsaufenthalt geben?“, so lautete das Thema der darauf folgenden Pro & Contra-Diskussion. Vor der Durchführung erläuterte die Referentin, dass hier das Augenmerk der Beobachter vor allem auf folgende Kriterien gerichtet ist: mündliche Ausdrucksfähigkeit (Prägnanz, inhaltliche Qualität, rhetorisches Geschick); Offenheit für die übrigen Teilnehmer; Präsenz, Fähigkeit zuzuhören und auf die Argumente der Mitbewerber einzugehen; Steuerung des Gesprächsverlaufs; Körpersprache und Fähigkeit, die Körpersignale der Mitbewerber wahrzunehmen und darauf zu reagieren.

Die jeweils übrigen Jugendlichen nahmen wie die Referentin selbst die Rolle eines Beobachters ein. Nach einer kurzen Phase der Selbstreflexion erhielten alle Diskussions-TeilnehmerInnen unterstützt durch Frau Gößwein ein individuelles, sehr fundiertes und wertvolles Feedback, welches auch Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigte.

Während des gesamten Nachmittags nutzten die künftigen AbiturientInnen ausgiebig die Gelegenheit Fragen zu stellen, welche von der Referentin geduldig und sehr fundiert beantwortet wurden.

Die Resonanz bei den KollegiatInnen, die sich nicht nur äußerst diszipliniert verhielten, sondern überaus engagiert und motiviert mitarbeiteten, war sehr positiv. Der detaillierte Einblick in das Bewerbungsverfahren der Siemens AG fand ebenso großen Anklang wie der Praxisteil.

Frau Gößwein konnte den jungen Leuten vermitteln, dass eine gründliche Vorbereitung auf die einzelnen Stufen des Bewerbungsverfahrens nötig, aber auch möglich ist. Ihr langjähriger Erfahrungsschatz aus der Praxis, weitergegeben in einem engagierten und kurzweiligen Vortrag in einer den jungen Leuten sehr zugewandten Art sowie das konstruktive Miteinander hat Schüler sowie beteiligte P-Seminar-Lehrkräfte gleichermaßen beeindruckt.

Text und Fotos: Karin Hellmich